Leistung, die Leiden schafft

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Unter ihrem Slogan, Leistung aus Leidenschaft, bewirbt Deutschlands größtes Geldhaus seine Expertise für große Vermögen. "Die Kunst ist es, jedes Vermögen mit dem Respekt zu behandeln, als wäre es das eigene", verspricht der Private Banking Berater. In den Ohren eines Behavioristen klingt dies eher wie eine Drohung.

Auf den ersten Blick kommt es bestimmt gut an: mein Bankberater betreut mich so gut, wie er es für sein eigenes Geld auch tut. Er empfiehlt mir bestimmt keine schlechten, überteuerten Produkte, die er selbst ja auch nicht kaufen würde. Er ist so konsequent mit meinen Anlagen, wie er es auch bei seinen eigenen Anlagen ist.

Aber ist Ihr Bankberater wirklich ein erfolgreicher Geldmanager? Die Erkenntnisse der Behavioral Finance lassen so einige Zweifel daran aufkommen, ob es wirklich eine so gute Idee ist, wenn der Berater Ihr Geld wie sein eigenes verwaltet!

Hier eine kleine Auswahl der offensichtlichen Probleme:

  • "Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe" - Sie kennen vielleicht dieses Sprichtwort. Es meint, dass ein Dienstleister womöglich für Kunden bessere Leistungen erbringt als für sich selbst. So mancher Arzt lebt ungesünder, als er dies seinen Patienten empfiehlt. Und so mancher Finanzberater meidet genau die Altersvorsorgeprodukte, die er seinen Kunden als non plus ultra anpreist. Ich selbst habe es in meiner mehr als zwanzigjährigen Bankerkarriere mehrmals erlebt, wie geschulte Finanzspezialisten attraktive, defacto risikofreie Anlagen verschmähten, nur aus Bequemlichkeit. Der Profi verhält sich privat nicht immer profi-like.
  • Nicht jeder Mensch ist gleich. Was macht ein konservativ eingestellter Kunde, wenn sein Private Banking Berater ein spekulativer Geselle ist? Berät dieser nun im Geiste seines Vermögens, werden die empfohlenen Anlagen kaum zum Profil des Kunden passen. Dieser Aspekt der Beratung wird bei Finanzdienstleistern generell zu wenig beachtet, ist aber gerade im Private Banking und der Vermögensberatung essentiell. "Wer bin ich, und wenn ja, wie viele"? Diese Frage müsste sich ein Berater eigentlich stellen. Kein Mensch kann einen anderen Menschen so gut kennen und einschätzen, dass er wirklich passende Produkte und Strategien empfehlen kann. In der Praxis wird dieses "Problem" entweder durch "standardisierte Empfehlungen" (vorbei ist es mit dem Respekt für das Vermögen des Kunden) oder durch "kundengerecht präsentierte Empfehlungen nach dem Stil des Beraters" (vorbei ist es mit der individuelle Beratung) gelöst. Das geht praktisch nicht anders, es sei denn, man würde durch psychologische Tests die Eignung eines Beraters für den Kunden ermitteln. Aber wer will das schon?!
  • Overconfidence Bias. In kaum einer Branche ist die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten ausgeprägter als bei Finanzprofis. Rund 90% der Finanzprofis glauben von sich selbst, dass sie besser sind, als der Durchschnitt. Die Folgen davon kann man an der Finanzkrise, besser aber noch im Umgang mit der Finanzkrise erkennen.
  • Zuschreibungsfehler. Diese tauchen in ganz verschiedenen Varianten auf. Zum einen glauben Kunden, dass ein Bankberater deshalb in die Position gekommen ist, weil er besonders clever, erfolgreich, schlau oder mathematisch begabt sei. Das mag sein, ist aber oft genug keineswegs der Fall. Die meisten Banken suchen sich zwar gut ausgebildetes Personal, welches sich durch eine positive "Papierform" auszeichnet. Die praktische Seite kommt dabei aber oft zu kurz. Für die meisten Bankvorstände sind funktionierende "Mainstream" Banker angenehmer, als individuelle "Querköpfe".
  • Zielkonflikte. In einigen Bereichen werden zwar die "erfolgreichsten" Banker mit Boni hoch dekoriert. Deren "Erfolg" bemisst sich jedoch nach ihrer Wertschöpfung für den Arbeitgeber - und die ist oft genug negativ korreliert zur Wertschöpfung für den Kunden. Ich kenne jedenfalls keine Bank, deren Entlohnung der Angestellten an den Erfolg der Kunden gekoppelt wäre. Dies gilt selbst dort, wo "erfolgsabhängige Vergütungen" vereinbart sind. Das wäre doch mal was: der Kreditberater erhält ein höheres Gehalt, wenn er die Gesamtbelastung des Kunden minimiert.

Dies ist nur eine kleine Auswahl der verhaltensorientierten Probleme in Kunden-Berater-Beziehungen. Viele dieser Probleme lassen sich nicht leicht lösen. Doch das Schlimme ist, und dies zeigt die eingangs erwähnte Werbung der Großbank, dass diese Probleme noch nicht einmal identifiziert werden. Vielmehr unterliegen die Bankstrategen selbst einer gehörigen Portion behavioristischer Blindheit. Oder sie nutzen wieder besseren Wissens die werbetechnische Wirksamkeit der Botschaft. Beides regt zum Nachdenken an.

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